Vorderradbremse der SixDays

  • #21

    PS: Mit ein Grund für die bescheidene Bremsleistung ist aber auch die Edelstahlscheibe mit relativ hohem Chrom-Gehalt, bleibt zwar länger schön, aber nicht der ideale Reibpartner. In Kombination mit zu aggressiven Sinterbelägen und etwas weniger gewichtsoptimiertem Fahrer oder gar Soziusbetieb in hügeligen Gegenden glüht einem dann gern die Scheibe aus, bevor die Beläge brauchbare Temperaturen erreicht haben. Ich selbst habe derzeit auch Sinter montiert, in den italienischen Kreisen wird aber vor allem der Brembo CC-Belag empfohlen ("Scheibentemperatur sowie unzureichende Betätigungskräfte, um Sinter wirklich zu hohen Haftwerten zu verhelfen")... wird wohl bei Gelegenheit der nächste Test.


    Edit: Zu der Modifikation der 102mm Beläge - Mag bei mir lange her sein, aber wenn ich mich da im Maschinenbau richtig entsinne, hilft die größere Auflagefläche nur bedingt - man möge meinen Ansatz bitte korrigieren, falls ich mich irre: Nimmt man an, dass der Bremsbelag sich unter Druck nicht verformt und über die ganze Fläche gleich auf die Scheibe wirkt (und nicht nur im Bereich der für diesen Belag zu kleinen Bremskolben), dann erhöht der größere Belag zwar die Wirkfläche der Reibpaarung und würde bei gleicher Reibung pro Fläche mehr Energie abbremsen... Jedoch sinkt leider gleichzeitig auch die Flächenpressung der Reibpaarung und wirkt dieser "Verbesserung" entgegen. Je nach Reibmaterialpaarung kann also eine kleinere Fläche mit höheren Kontaktdrücken sogar vorteilhaft sein. Was auf jeden Fall zutrifft, die größere Kontaktfläche verteilt bei gleicher aufgewandter Bremsleistung den thermischen Eintrag auf mehr Material der Scheibe.


    Grüße,

    Thomas

    Einmal editiert, zuletzt von Tomrulez85 ()

  • #22

    Hallo Thomas, endlich mal jemand, der sich über technische Zusammenhänge fachlich äussert.:)

    Meine Erfahrungen mit der Bremse:

    Schau dir mal das Foto #4 an mit der Gegenüberstellung der Bremsbeläge. Beim Originalbremsbelag drückt der der Kolben nicht mittig auf den Bremsbelag. Im unteren Bereich liegt die Kolbenkante fast auf der Kante des Bremsbelags. Bei der "unsymmetrischen" Druckbelastung kommt es natürlich auch zu unsymmetrischer Kraftverteilung und Verschleiss. Bei den 102mm Belägen drückt der Kolben mittig auf die Beläge. Habe ich eine geringere Auflagefläche (Originalbeläge), ist natürlich auch die Flächenbelastung höher was zu einer höheren Belastung der Bremsscheibe führt. Und die Bremsleistung hängt nicht nur von der Flächenpressung sondern auch von der Grösse der Kontaktfläche ab und da haben die modifizierten Beläge mehr.


    Ich habe zuerst Sinterbeläge von EBC verwendet (funktionieren prima).

    Dann habe ich TRW "Semiracing"-Beläge angebaut. Die Bremsleistung war kaum besser, aber die Bremsscheibe kollabierte. Sie war partiell thermisch so stark beansprucht, dass Material herausgerissen wurde. Zudem stark verfärbt.

    Ich muss dazu sagen, dass ich bekennender Hart/Spätbremser bin.

    Als nächste Aktion habe ich dann die Bremsscheibe (TRW) gewechselt.

    Durch die Aussparungen habe ich zwar wieder eine höhere Flächenpressung aber auch eine verbesserte Kühlung.

    Wie man sieht (gleiche Beläge), sind die auch nach kurzer Zeit stark angelaufen.


    Daraus ergibt sich, dass die Grösse der Bremsscheibe und damit Bremsfläche einfach für höhere Belastungen nicht ausreichend ist.

    Als nächstes werde ich "normale" Sinterbeläge von TRW anpassen und einbauen. Über das Ergebnis werde ich berichten.


    Fazit: Die originale Bremskonstellation (speziell die Beläge) ist einfach Müll. Angepasste Sinterbeläge sind eine wesentliche Verbesserung, aber auch durch die zu kleine Bremsscheibe nicht die Endlösung. Eine 320er Scheibe mit neuem Bremssattel und entsprechend grösseren Belägen wäre passend. Aber das ist mir zuviel Aufwand.


    Gruss Wolli

    4 Einzylinder haben Charakter, ein Vierzylinder hat nicht mal eine Seele! :P

  • #23

    Hallo Wolli,


    ja, dem gebe ich Dir absolut recht und ich streite keinesfalls den mehrwert von mehr Oberfläche/Kontaktfläche ab. Ich wollte damit nur zu bedenken geben, dass bei der originalen Anlage die aufgebrachte maximale Betätigungskraft der Kolben ein sehr beschränkender Faktor ist. Somit bei der größeren Auflagefläche der flächenbezogene Anpressdruck noch weiter sinkt (sofern die Fläche eben wirklich genutzt werden kann) - und man hier ggf. in einen Bereich kommt, wo manche härteren Sintermischungen nicht mehr den erforderlichen Anpressdruck erreichen um ihre Vorteile beim Reibwert ausspielen zu können.


    Das ist der Grund, warum eben teilweise die Brembo CC-Beläge empfohlen werden, die gehen genau in die andere Richtung - extrem weich, aber dennoch mit mehr Griffigkeit als die originalen Beläge - das muss ich noch testen, könnte das thermische Problem aus der Rechnung nehmen und ist eben der Tipp mancher italienischen Händler, die um einiges besser aufgestellt sind als bei uns (persönliche Ansicht und für den österreichischen Raum, für D kann ich mangels Erfahrung nicht sprechen ;) - hier wechselten Importeur und Vertragshändler so oft, dass sich kaum Wissen ansammeln konnte)


    Man darf eine Gemeinheit des Reibungskoeffizienten bei Bremsblägen nicht außer acht lassen - soweit zumindest meine Informationen gehen, definieren diese den maximal erreichbaren Reibungswert, ohne eine genormte Flächenpressung anzugeben - heißt, wenn hohe Betätigungskräfte erreicht werden können, kann ein sehr harter Belag mit einem sehr guten Wert von 0,7-0,8 extrem griffig sein - umgekehrt, wenn diese dafür notwendige Flächenpressung nicht erreicht wird, ist der erreichte Verzögerungswert vl. sogar schlechter als bei "weichen" organischen Belägen mit einem Koeffizienten von 0,4-0,45, der dafür aber aufgrund der weichen Auslegung ggf. auch mit der Betätigungskraft erreicht werden kann?!


    PS: Dies sind zu diskutierende Überlegungen und kein Faktum, falls ich da daneben greife :) *g*


    Was auf jedenfall Fakt ist - bei gleicher eingebrachter Energie und größerer Fläche ist die Scheibe eindeutig weniger thermisch belastet, stimmt. Die wirklich griffigen Mischungen überfordern diese aber so maßlos, dass auch die paar Millimeter leider nicht reichen.


    Grüße,

    Thomas

  • #24

    Aja, und wenn die größere Auflagefläche ohne Modifikation gewünscht ist - da gäbe es die Baugröße "FA181", in unzähligen Mischungen - die passen in die ABS-Zange, nur das innenliegende Federblech muss leicht zurechtgebogen werden, da die beiden Nasen fehlen und das Blech sonst an der Scheibe radial streift


    Edit: genau diese habe ich derzeit eben als Goldfren AD 031 verbaut, damit erreicht man (oder zumindest ich) aber keine bessere Bremsleistung als mit den originalen Belägen, nur ein bissigeres "Erstgefühl" - man merkt, dass diese harte Mischung gern mehr Betätigungskraft hätte. Wenn man wirklich mit allen Fingern und Gewalt eingreift (so sollte man ja nie fahren, 2 Finger-Bremse(!)), dann kommt man mit diesen Belägen aber endlich verlässlich in den ABS-Regelbereich, dafür wieder mit blauer Scheibe.

  • #26

    Ja, aber ich werde einfach mal meine Erfahrungswerte mitteilen, sobald die CC-Beläge montiert sind und das Wetter mal angenehmer wird. Jedenfalls zusammengefasst sollte es somit für experimentierwillige ein paar Beläge geben, die ohne Modifikation passen, das wollte ich hier einfach mal teilen. Eine Übersicht für Alternativteile sollte man hier vl. irgendwie einpflegen können, wäre ein Ansatz, da sonst je Bauteil über viele unterschiedliche Themen verteilt ;)


    Die 320mm Scheibe wäre für manche eine Option, aber da müsste man wieder mehrere Motorradhersteller zum Vergleich greifbar haben, wer den selben Lochabstand am Bremssattel hat, damit man für dieses dann den passenden Spacer kaufen könnte - aber die kosten meist ordentliches Geld, die ABEs passen nicht für die SWM - und leuchtet von weitem jedem entgegen, der sich auskennt. Das könnte im schlimmsten Fall wieder jemand sein, der einen gerade unerwünschter weise aufgehalten hat und oft prinzipiell was gegen Motorradfahrer hat *g*

  • #27

    Welchen genauen Bremsscheibentyp hast Du eigentlich von TRW verbaut bzw. für welches Motorrad? Ich sehe, dass die Mindestdicke mit 2mm angegeben wird, ist die Scheibe generell dünner als die originale? Weniger Materialmasse heißt ja auch weniger thermische Kapazität, also schneller heiß, aber auch schneller abgekühlt. Merkst Du davon etwas?

  • #28

    Es handelt sich um die TRW MST294ES. Dicke 3mm, Die orig.-Scheibe ist geringfügig dicker.Die Scheibe gibt es auch in "normaler" Ausführung (Speichendesign mit durchgehendem Kranz und den üblichen Bohrungen).

    Grundsätzlich arbeitet diese Scheibe "präziser" also gleichmässiger über die Bremshebelkraft gesehen. Ebenfalls ist das Ansprechverhalten knackiger.

    Fading kein Thema. Für diese Scheibe gibt es Freigaben für sehr viele Motorräder (ua. KTM, Husquarna, Beta).

    Überwiegend Cross/Enduro/Supermoto bis ca. 60 PS. Solle also für meinen Fahrstil eine optimale Lösung sein.

    Ich werde mal nach Austausch der Beläge über "neue" Erfahrungen berichten.


    Scheibe gekauft bei Matthies(.de).

    Solltest du Interesse an der Scheibe haben, kontaktiere mich. Kann ich schnell besorgen.


    Gruss Wolli

    4 Einzylinder haben Charakter, ein Vierzylinder hat nicht mal eine Seele! :P

    Einmal editiert, zuletzt von Wolli ()

  • #29

    Danke fürs Angebot, muss mir ein Konzept überlegen, aber ggf. ein Thema. Da diese ja bei den KTMs eigentlich nicht für schlechte Bremsleistung bekannt ist, wärs fast noch ein Indiz dafür, dass vor allem die Betätigungskraft nicht ausreicht, um aus den normalen Sinterbelägen wirklich ordentlich was rauszuholen. Wäre interessant, ob vl. auch Bremssättel aus dem KTM-Regal auf die Aufnahmen passen könnten. Grad wenn die späteren 4-Kolben-Bremssättel passen würden, würde man eine höhere hydraulische Übersetzung erreichen, da viel größere Kolbenfläche in den Zangen bei gleicher Handpumpe ... wäre zumindest interessant mal hinzumessen, wenn irgendwo greifbar.


    Grüße,

    Thomas

  • #30

    Schöne Grüße!

    Wollte Euch da mal auf den Laufenden halten - habe jetzt ~1000km mit den EBC carbon ceramic (organisch) abgespult.


    • Wie man am Foto sieht, sind diese dennoch Semi-Sinter mit etwas mehr Metallanteil als die originalen Beläge
    • die ersten 300 km sehr schlechte Bremswirkung, müssen wirklich sauber eingefahren werden um nicht gleich
      am Anfang zu verglasen
    • Dann ca. 90% der Bremsleistung der Sinter-Beläge (auch am Foto, von Goldfren), aber viel weniger Belastung der
      Bremsscheibe. Wohne in hügeliger Gegend, die Sinter überhitzen nach ein paar Sekunden anbremsen oder mehrmaligen
      scharfen anbremsen ohne Abkühl-Gerade sofort die Bremsscheibe und übertragen auch sehr viel Hitze in die Bremsflüssigkeit
      (irgendwann "greift man ins leere") - die Semi-organischen lassen die Scheibe zwar auch ordentliche Anlassfarben zeigen
      (mehr als die originalen), aber erreichen für mich die Überhitzung nicht.

    Kurz um, die SWM-Bremse wird damit auch nicht perfekt, aber für mich tatsächlich ein Kompromiss - wenn man die Geduld aufbringt, dass man diese ordentlich einfährt ... grad zurückgestiegen von den Sinterbelägen glaubt man anfangs, die Bremse zuhause gelassen zu haben ;)


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